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Migration: Unionsinnenminister dämpfen Erwartungen an Abschiebeplänen

Mehrere Länderinnenminister der Union haben Zweifel an der Wirksamkeit der Regierungspläne für konsequentere Abschiebungen. Auch der Deutsche Städtetag haben geringe Erwartungen an die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Das Bundeskabinett hatte sie am Mittwoch beschlossen, auch die Minister der Grünen stimmten zu. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte das Paket, auch gegen Kritik in der eigenen Partei.

Geplant ist unter anderem, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams von derzeit 10 auf 28 Tage zu verlängern. Ferner soll es erweiterte Befugnisse von Behörden sowie ein härteres Vorgehen gegen Schleuser geben. Mit dem Gesetz, das noch vom Bundestag verabschiedet werden muss, will die Regierung die Zahl der kurzfristig gescheiterten Abschiebungen reduzieren.

Meinungen der Länderinnenminster

Hessens Innenminister Peter Beuth, der auch Sprecher der unionsgeführten Länder in der Innenministerkonferenz ist, sagte der «Welt»: «Dass dieser Gesetzentwurf keine nennenswerte Entlastung der Kommunen bringen wird, muss allen klar sein.» Um die Zuwanderung wirklich zu begrenzen, bräuchten Deutschland und Europa eine «Asylwende». Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) räumte ein, dass die Regelungen im Gesetz in Einzelfällen Abschiebungen erleichtern und Verwaltungsverfahren beschleunigen werden. «Die Anzahl der Abschiebungen wird durch dieses Gesetz aber nicht nennenswert erhöht werden», sagte Stübgen der Zeitung. Abschiebungen scheiterten in der Regel daran, dass Passpapiere fehlen oder die Herkunftsländer ihre Landsleute nicht zurücknehmen wollen. Diese Probleme würden durch den Gesetzentwurf nicht gelöst.

Baden-Württembergs Ministerin für Justiz und Migration, Marion Gentges (CDU), sprach mit Blick auf den Gesetzentwurf von einer «Rückführungsdefensive». Praktische Unterstützungsmaßnahmen für die Arbeit der für die Umsetzung von Abschiebungen zuständigen Länder fehlten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich auf «Welt»-Anfrage zwar erleichtert, «dass die Bundesregierung beim Thema Migration endlich in Gang» komme. Das Gesetz sei aber kein Allheilmittel. «Ohne entsprechende Abkommen zur Rücknahme von ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern mit den häufig wenig kooperativen Herkunftsländern, die allein der Bund verhandeln und durchsetzen kann, wird es nicht gelingen, die Rückführungszahlen massiv zu erhöhen», konstatierte Herrmann.

Kritik an den Gesetzesplänen

Ähnlich sieht das der Deutsche Städtetag. Dessen Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy nannte das Ziel schnellerer Rückführung zwar richtig. «Aber wirksam werden diese Maßnahmen erst, wenn die Herkunftsländer diese Menschen auch aufnehmen», sagte Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Dafür müssen jetzt schnell verlässliche Rücknahmeabkommen mit den jeweiligen Herkunftsländern geschlossen werden.

Kritik an den Gesetzesplänen war am Mittwoch aus der Grünen-Bundestagsfraktion gekommen. Die Abgeordnete Filiz Polat kündigte an, ihre Fraktion werde «verfassungs- und europarechtliche Bedenken» in den Beratungen im Bundestag zur Sprache bringen. Sie sprach von «unverhältnismäßigen Eingriffen in die Grundrechte auf Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung und Privatsphäre».

«Ich teile das nicht», sagte Wirtschaftsminister Habeck zu der Skepsis in seiner Partei. Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium hätten die Rechtsfragen intensiv geprüft. Dass es Rückführungen von Ausreisepflichtigen geben müsse und zugleich verstärkte Bemühungen um Integration jener, die in Deutschland bleiben könnten, sei seit Jahren Programmlage der Grünen, sagte der Vizekanzler am Mittwochabend in den ARD-«Tagesthemen».

Habeck machte deutlich, dass die Abschiebepläne nur Teil eines Gesamtkonzeptes seien. Dazu gehöre auch ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt für Migranten, die schon in Deutschland sind. Dieses Paket soll kommende Woche kommen. «Wenn sie jetzt hier sind und sich vernünftig benehmen, nicht straffällig sind und so weiter, dann sollen sie auch hier arbeiten können», sagte der Wirtschaftsminister. Und wer nicht wolle, keine Duldung oder einen Aufenthaltstitel habe, der müsse dann auch zurückgeführt werden.

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